Warum ich nur noch heimlich jogge

Schuhe angezogen, Sporteinheit bei der App eingeschaltet, Schlüssel, Taschentuch… Brauch ich noch etwas? 

Lena (6): Mama? Wo willst du hin?

Ich: In den Park. Jog…

Lena: Oh ja! Ich komm mit.

Ich: …gen. 

Lena: Ich zieh mich nur schnell um. Lena probiert verschiedene Styles und Farbenkonstellationen aus. Sternbeziehungen werden abgecheckt, der Hund gestreichelt, Wasser getrunken, das Handy zum Laden eingesteckt, nochmal Wasser getrunken. Der Schweiß rinnt mir auch ohne Sport den Rücken herunter. Mir ist heiß. Ich bin in voller Wintersportmontur eigentlich startbereit an der Tür. Nach zehn Minuten erscheint mein Töchterchen. Tränen in den Augen: Und wie soll ich mitjoggen, ich hab` doch gar nicht so ein Ding wie du. Damit meint sie die Handymanschette an meinem Oberarm. Ich ziehe sie aus, nehme meine alte, ausgeleierte Manschette aus dem Schrank, stecke ihr Handy in meine neue und versuche ihr das Ding um den Oberarm mit ihrem riesigen Handy anzuschnallen. Der Oberarm ist so dünn, dass die Manschette zweimal darum gewickelt werden könnte. Nur geht es nicht – Klettverschluss. 

Ich: – Und wenn du ohne Musik mitkommst? 

Das findet mein Töchterchen unterirdisch. Sie ist noch in dem Alter, indem „alles wie bei Mama“ noch essentiell ist. Ich schwitze. Überlege. 

Ich:- Und wenn du deine Kinderkopfhörer mitnimmst und mit dem Fahrrad neben mir fährst? 

Lena weint jetzt laut. Lauter als zuvor: „Aber dann tun mir meine Beine weh!“ Ich schiele zu der Terrassentür, überlege kurz laut „Schau mal“ zu rufen und abzuhauen, lasse den Gedanken dann aber fallen. Sie wird mich ja finden. Wir wohnen praktisch IM Park. 

„Okey, Süße. Joggen ohne Musik willst du nicht. Fahrrad willst du nicht. Manschette passt nicht. Was schlägst du vor?“ Lena ist wütend: „Aber das weiß ich doch nicht! Sonst hätte ich das doch schon gesagt!“ Da hat sie auch wieder recht. Den Vorschlag, zu Hause zu bleiben, stellt sie auf die Stufe des Verrats. Sprich: Kommt! Nicht! In Frage! 

Was machen wir jetzt nur? Ich wäre jetzt schon längst fertig mit dem Joggen und könnte mich bereits duschen. Ich will jetzt endlich los. Werfe meine Erziehungsprinzipien über Bord und schlage vor: „Ok, du fährst jetzt mit dem Fahrrad. Die Terassentür lasse ich offen. Wenn es dir zu viel wird, gehst du sofort nach Hause. Ok?“ Lena ist nicht überzeugt: „Aber wie soll ich die riesigen Kopfhörer unter meinen Helm stopfen?“ „Wir stopfen jetzt mal gar nichts, du fährst ohne Helm.“ „Ohne Helm? Aber du sagt doch immer…“ Ich bin furchtbar inkonsequent, falsch, scheinheilig, das alles, ja ich weiß. Und ich will jetzt endlich gehen. „Egal. Komm jetzt mit. Ausnahme. Und sag es ja keinem, ok?“ Noch schnell das Kind zum Mittäter machen und ab geht die Reise in den Park. Unterwegs ziehe ich alle 2 bis 4 Meter die Kopfhörer raus und beantworte so wichtige Fragen wie: Wie war das damals, als Robin in deinem Bauch war? Hat er dir wirklich den Nabel kaputt gehauen? Oder: Ist Bastian wirklich mal ins Wasser gefallen? 

Nach zwanzig Minuten sind wir fertig. 

Ich auch. 

Park ist blöd. 

Alle Liebe.

Deine Tanja

Sei großartig. Sei du selbst. Sei Profigirl.    

Ich bin Tanja

Coach für The Work, ausgebildete Sport- und Gymnastiklehrerin und Sporttherapeutin.

Ich arbeite als Mentorin, Coach und Therapeutin.

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